2015 08 Jul
 
[Vortrag/Diskussion]
 

Atome und Moleküle im Röntgenlicht

Vortrag von Prof. Dr. H. Zacharias, Fachbereich Physik der WWU Münster

In diesem Vortrag wird die Entwicklung der von Röntgen so benannten X-Strahlen, die im deutschen Sprachraum Röntgenstrahlen genannt werden, aus dem Jahre 1895 bis hin zu modernsten Röntgenlasern an Hand von typischen Beispielen aus Wissenschaft und Alltag nachgezeichnet. Zu Beginn der Ära des Röntgenlichtes stand die Durchleuchtung des menschlichen Körpers im Zentrum des allgemeinen Interesses. Aber schon kurze Zeit nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen wurden sie auch für die Forschung sehr bedeutsam, indem Wissenschaftler wie Max von Laue und Vater und Sohn Bragg ihre Beugung an geordneten Kristallen nachwiesen. Neben der somit eindeutigen Charakterisierung als elektromagnetische Wellen haben sie mit den Experimenten auch das heute immer aktueller werdende Gebiet der Röntgenstrukturanalyse eröffnet. Für die organische Chemie, die Strukturbiologie und die Materialforschung sind Röntgenstrahlen ein unentbehrliches Werkzeug geworden. Ebenso erfährt man aus der Röntgenspektroskopie die chemische Zusammensetzung von Materialien, was auf Mosley und Kai Siegbahn zurückgeht. Auch in der Astrophysik macht man sich mittels Röntgenteleskopen derzeit ein Bild von besonders energiereichen Objekten im Weltall.

Zusammen mit immer neuen wissenschaftlichen und praktischen Anwendungen wurden auch immer stärkere Lichtquellen für die Röntgenstrahlung entwickelt. Neben der klassischen Röhre von Wilhelm Conrad Röntgen, die quasi die Glühlampe der Röntgenwelt ist, haben seit den 50er Jahren insbesondere Synchrotron-Strahlungsquellen für ganz neue Erkenntnisse gesorgt. Die modernsten Synchrotrons in Europa, Japan, den USA und Deutschland haben millionenfach höhere Intensitäten als die Röntgenröhre, wenn auch nur für extrem kurze Zeitspannen. Die neueste Entwicklung sind sogenannte „Freie Elektronen-Laser“ im Röntgenbereich. Sie erzeugen noch kürzere Lichtimpulse als die Synchrotrons von nur wenigen millionstel einer milliardstel Sekunde, genannt Femtosekunde. Damit kann man extrem schnelle Prozesse untersuchen und dabei die Ordnung der beteiligten Materie erfahren. Pionier war hier eine Anlage in Hamburg. Die höchsten Photonenenergien mit diesen Freie Elektronen-Lasern von etwa 20 keV werden derzeit in Stanford in den USA und in Harima in Japan und ab dem nächsten Jahr in einer großen europäischen Anlage in Hamburg, dem X-FEL erzeugt.